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Death From Above 1979

In today’s episode we speak with Jesse Keeler of Death From Above 1979 about the secrets to his bass sound, the origins of the band, the “Freeze Me” video, and their new album, Is 4 Lovers. Additional topics include Jesse’s musical upbringing, his thoughts on the future of music creation, and of course his affinity for Regular Slinky bass strings.

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Transcript

Evan Ball:
Hallo und herzlich willkommen zu Striking A Chord, einem Podcast von Ernie Ball. Ich bin Evan Ball. Heute begrüßen wir Jesse Keeler von Death From Above 1979 in der Sendung. Jesse und ich sprechen über viele Dinge, zum Beispiel über die Entstehung ihres neuen Albums "Is 4 Lovers". Wir sprechen über die frühen Tage der Band in Toronto. Jesse weiht uns in einige seiner Bass-Sound-Geheimnisse ein, die in einer zweiköpfigen Band natürlich entscheidend sind. Wir sprechen über die Zukunft der Musikproduktion und das Video von „Freeze Me“. Wenn ihr das noch nicht gesehen habt, findet ihr den Link dazu in den Kommentaren. Das solltet ihr vielleicht jetzt machen, denn wir steigen direkt damit ein. Das sind dreieinhalb gut investierte Minuten. Aber nun, meine Damen und Herren, Jesse Keeler. Jesse Keeler, herzlich willkommen zum Podcast.

Jesse Keeler:
Danke, dass ich dabei sein darf, es hat lange gedauert.

Evan Ball:
Ja, das ist großartig. Ich freue mich schon darauf. Ich glaube, ich möchte zuerst über das Video zu "Freeze Me" sprechen, weil es vielleicht das beste Video aller Zeiten ist. Wie ist das Konzept für dieses Video entstanden?

Jesse Keeler:
Der Typ, der Regie geführt hat, kommt aus Vancouver. Er schickte das Treatment einfach aus dem Nichts ein. Er hatte die ganze Idee schon im Kopf und die Plattenfirma meinte: "Oh, ihr müsst in dem Video mitspielen." Und ich dachte: "Was ist an Bodybuildern so schlimm?" Also hatte ich die Idee, warum sind wir nicht die ... Warum treten wir nicht einfach als Butler auf dieser komischen Muskelparty auf? Und sie waren begeistert. Ich habe gelernt, dass ein Teller mit 50 Corndogs viel schwerer ist, als man denkt. Ja. Aber es war wirklich ein lustiger Tag und auch ein sehr seltsamer Tag, denn wir haben in so einem seltsamen Witwenhaus gedreht. Es lag weit außerhalb der Stadt, ein paar Stunden außerhalb von LA. Es war ein riesiges Haus, das ihr Mann für sie beide entworfen hatte, aber dann starb er, bevor es fertig war. Das Video zeigt also die Teile, die fertig sind, aber der Rest des Hauses bestand nur aus nicht abgeklebten Trockenmauern.

Evan Ball:
Oh, wie seltsam.

Jesse Keeler:
Und am Design hatte sie nichts verändert. Es war genau so, wie er es verlassen hatte. Und so war die ganze Fassade ... Es gab nichts mehr zu tun. Das war alles, was im Haus war.

Evan Ball:
Was für eine Bude. Diejenigen, die das Video nicht gesehen haben, können sich wahrscheinlich schon ein Bild davon machen, aber im Grunde geht es um einen Haufen riesiger Bodybuilder in einer superschicken Villa, die fabelhaft sind und ein Leben in Luxus führen. Haben die weißen Roben etwas Kultartiges an sich oder gehört das einfach dazu, wenn man anspruchsvoll ist?

Jesse Keeler:
Ich glaube, der Regisseur hat es versucht, ja. Es gibt eine Szene, in der sie alle in ihren Roben im Kreis stehen und dann alle gleichzeitig einen Eiswürfel essen.

Evan Ball:
Sehr gut. Ja. Ich meine, es gibt diese übergreifende ... Ich will mich nicht zu lange damit aufhalten. Es gibt dieses übergreifende Thema der Stadt in der Ferne, die zur Hölle geht, und diese Jungs leben in sicherer Entfernung auf großem Fuß. Aber innerhalb des Konzepts gibt es einfach so viele tolle Aufnahmen. Hast du irgendwelche Favoriten? Ich meine, das Gitarrensolo war unglaublich.

Jesse Keeler:
Ich bin mir ziemlich sicher, dass es Seb und ich waren, die die Idee hatten, den Hund einzubauen. Das war nur der Hund des Regisseurs, der dabei war. Ich habe viel Zeit mit dem Hund verbracht, während andere Sachen gedreht wurden, weil er die Leute angebellt hat, wenn man nicht auf ihn aufgepasst hat. Aber ja, die ganze Szene auf dem Balkon mit dem Blick nach draußen war so cool, denn sie ist wirklich ... Ich meine, das ist wirklich nur ein einziger der Drehorte in diesem verrückten Haus.

Evan Ball:
Ich bin froh, dass du den Hund erwähnst, denn aus irgendeinem Grund liebe ich die Szene, in der der ältere Typ den Hund hält und den Typen bewundert, der Sit-ups macht.

Jesse Keeler:
Ja. Das ist definitiv eine der interessantesten Aufnahmen.

Evan Ball:
Ja. Gewichte zu Musik zu stemmen, hat etwas Komisches an sich. Wer hat die Figuren gecastet? Derjenige hat nämlich einen phänomenalen Job gemacht.

Jesse Keeler:
Diese Bodybuilder waren die nettesten Leute überhaupt. Ich wünschte, wir wären daran beteiligt gewesen, aber es war so interessant, denn als sie alle da waren, haben wir gemerk dass diese Welt eigentlich … Es ist in gewisser Weise wie in der Musikszene: All diese Bodybuilder kannten sich vorher nicht, aber dann kannten sie sich alle, und sie haben diese ganze Welt … dass der eine Typ, der so tut, als würde er das Gitarrensolo spielen, am nächsten Tag einen Wettbewerb hat. Er war also …

Evan Ball:
Extra zerrissen.

Jesse Keeler:
... in Topform. Und genau wie die Art und Weise ... Sie haben vor allem echte Gewichte benutzt, weil sie die unechten nicht benutzen wollten.

Evan Ball:
Natürlich nicht.

Jesse Keeler:
Es hat sich einfach nicht richtig angefühlt. Sie konnten das nicht vortäuschen.

Evan Ball:
Genau.

Jesse Keeler:
Der Regisseur hat einfach ... Das entstammt alles seinem Hirn. Wenn ich das Original-Treatment finden könnte, würde da so ziemlich genau das drinstehen, wie das Video am Ende geworden ist.

Evan Ball:
Ja. Ich habe mich nur gefragt, wie man das Konzept auf ein Blatt Papier bringen und sagen kann: "Hey, was denkst du, machen wir das?"

Jesse Keeler:
Zugegeben, es war vielleicht eineinhalb Absätze lang, aber er hatte es. Es war alles da.

Evan Ball:
Ich bin natürlich ein Fan von diesem Video, also gut gemacht.

Jesse Keeler:
Da bin ich aber froh.

Evan Ball:
Also gut. Bevor wir uns dem neuen Album zuwenden, können wir vielleicht ein wenig in die Bandgeschichte eintauchen.

Jesse Keeler:
Klar.

Evan Ball:
Ich habe mir gerade euren Dokumentarfilm „Life After Death From Above 1979“ angesehen. Darin sprecht ihr über die frühen Tage. Ihr hattet einen Gig in den USA für den 12. September 2001 geplant. Und dann wurde er wegen des 11. September abgesagt. Ich weiß, dass die Band um diese Zeit angefangen hat, aber …

Jesse Keeler:
An dem Tag hat alles angefangen.

Evan Ball:
Okay. Dieser Gig war von einer früheren Band, in der du und Sebastian zusammen gewesen seid?

Jesse Keeler:
Ja. Wir haben zwar nicht in der schlechtesten Gegend gewohnt, aber es war auch nicht die Art von Gegend, in der man sein ganzes Equipment über Nacht im Van lässt, wenn man morgens los muss. Wir hatten also die ganze Ausrüstung im Wohnzimmer verstaut, um sie am nächsten Tag mitzunehmen. Und wir waren bis, ich weiß nicht, sechs Uhr morgens oder so auf. Ich bin auf der Couch eingeschlafen, saß aufrecht vor dem Fernseher, und als ich aufwachte, sah ich das erste brennende Gebäude. Ich sagte: „Alter, das musst du sehen." Und er sagte: "Ah." Ich ging wieder nach unten, sah, wie das andere Gebäude brannte, ging nach oben und sagte: "Alter, es ist wieder passiert. Du musst runter kommen." Wir alle, die in dieser Nacht oder am nächsten Tag in Detroit mit den Blood Brothers spielen wollten ...

Evan Ball:
War das Femme Fatale?

Jesse Keeler:
Ja.

Evan Ball:
Okay. Du warst der Leadsänger in dieser Band, richtig?

Jesse Keeler:
Ich war das A und O. Alle Instrumente ... Das wollte ich machen. Ich träume davon, noch eine Platte zu machen, und ich denke, das sollte ich wahrscheinlich auch. Ich habe eine ganze Platte voller Ideen, aber mit der Zeit habe ich angefangen, alle Riffs, die ich dafür verwendet hätte, stattdessen bei Death From Above einzubauen. Das offensichtlichste Beispiel ist unser Song „Government Trash“. Dieser Song klingt auf der Gitarre fantastisch, und wenn ich die Noten auf dem Bass nicht mehr durchspielen muss, kann ich den Akkord tatsächlich sauber spielen.

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Jedenfalls habe ich an dem Tag einfach ... Ich bin ein Musiker. Ich mache Musik mit meinen Händen und der Stress in diesem Moment ... Es war auch seltsam, weil Kampfjets über unsere Stadt geflogen sind, weil sie ... Ich weiß nicht, warum jemand in den CN Tower stürzen wollte, aber ich schätze, das war eine Sorge. Es war einfach eine seltsame Stimmung. Keiner war auf der Straße.

Evan Ball:
Niemand hat verstanden, was da passierte. Überall herrschte Paranoia.

Jesse Keeler:
Ich habe mir die ganzen Verstärker angeschaut und hatte nichtmal einen Bass. Jemand hatte einen Squier Jazz Bass in unserem Haus vergessen, der ohne Koffer oder sonstiges in einer Ecke des Wohnzimmers gelehnt hat, und ich dachte: "Oh, vielleicht schließe ich einfach ein paar Verstärker an, die hier stehen und ... Warte, wie soll ich das Basssignal aufteilen? Oh, ich habe das alte Ibanez-Chorus-Pedal von meinem Vater. Warum probiere ich das nicht mal aus? Oh, wow. Ich habe diesen Stereoausgang noch nie mit dem Chorus-Pedal benutzt. Nun, es funktioniert. Oh, es ist nur ein schneller Wechsel wischen zwei Verstärkern. Wow, der Bass klingt jetzt viel klarer, wenn das Signal so aufgeteilt wird und der Dreck weg ist." Alles war so klar definiert, und ich habe durch Solid-State-Verstärker gespielt und ich dachte: "Ich werde mir ein paar Songs ausdenken." Und so habe ich an dem Tag drei der Songs geschrieben, die auf unserer ersten EP „Heads Up“ sind.

Evan Ball:
Wow!

Jesse Keeler:
Ich sage es immer wieder, aber irgendwann ... Meine Frau sagt: "Irgendwann musst du aufhören, das zu sagen.“ Aber das Schlagzeug ist mein eigentliches Instrument. Ich habe 1979 im Alter von drei Jahren angefangen, Schlagzeug zu spielen. Ich habe in Bands Schlagzeug gespielt. Ich wurde gefragt, ob ich in Bands Schlagzeug spielen will. Ich habe das oft gemacht und auch bei einem der Songs der aktuellen Platte Schlagzeug gespielt, aber …

Evan Ball:
Warst du bei Femme Fatale schon ... Hast du da Gitarre gespielt und gesungen? Beim live spielen? War das nicht eine komplette Band?

Jesse Keeler:
Ja. Eigentlich waren es andere Leute, die mich auf die Idee gebracht haben, weil es nur Alben gab. Ich habe drei solcher Platten gemacht, auf denen ich alles gespielt und geschrieben habe. Meistens hat das bei der ersten oder zweiten Aufnahme geklappt, weil ich einfach alles im Kopf hatte. Was das Bass spielen angeht, würde ich nicht sagen, dass ich ein Bassist war. Ich habe das einfach nur ausgeführt. Weißt du, was ich meine? Ich dachte: "Hey, was würde ich auf der Gitarre machen?" Aber mit nur einem oder zwei Fingern und ohne Akkorde.

Evan Ball:
Um 9/11 stand der Bass also im Vordergrund. Ist das dein Hauptinstrument?

Jesse Keeler:
Nun, als wir die erste Aufnahme gemacht haben, war alles ... Vieles hatte damit zu tun, dass unsere Band in dieser Zeit gegründet wurde. Femme Fatale hatte ... Ich hatte eine Platte bei einem Berliner Label rausgebracht, eine andere bei einem Label in Vancouver, und wir wurden gebeten, Konzerte zu spielen. Meine Freunde haben diese Platten gehört und gesagt: "Ihr solltet eine Band gründen und wir spielen eure Parts." Ich sagte: "In Ordnung. Das klingt cool." Es war seltsam, als Sänger vor Leuten aufzutreten. Ich glaube nicht, dass ich dafür gemacht bin. Und weil wir so viele Leute in der Band waren und ich mich damals noch über die Grenze geschlichen habe, um in Amerika zu spielen, hatten wir einige Shows gebucht und nicht jeder in der Band konnte mitkommen.

Jesse Keeler:
Seb und ich hatten nebenbei Death From Above gegründet, und wir sagten uns: „Wir können das ja machen. Es sind nur wir beide. Wir können mit einem Auto fahren und uns Taxis nehmen, wenn wir angekommen sind." Unsere erste Show haben wir in Long Island gespielt, die zweite war in Boston.

Evan Ball:
Ich frage mich, was an diesem Auftritt hinter der Grenze so besonders war. Wir hatten Stefan Babcock von PUP bei uns im Podcast. Er kommt auch aus Toronto, aber er hat gesagt ... Wir haben darüber gesprochen, wie schwierig es für kanadische Bands sein kann, in den USA Fuß zu fassen, wegen der Visa und der Kosten für die Grenzüberquerung. War das damals ein Problem? War das vor dem 11. September? Habt ihr euch tatsächlich rübergeschlichen?

Jesse Keeler:
Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, denn ich bin ein ... Ich mache alles ganz legal, aber vor der Musik hatte ich keinen legalen Beruf. Ich bin vom Verbrechen zur Musik gewechselt, und es hat geklappt, aber ja, wir haben einfach ... Es gab Wege.

Evan Ball:
Es gab Wege.

Jesse Keeler:
Es gab Wege, um über die Grenze zu kommen. Viele Leute, die ich kannte, wurden geschnappt und für 5 oder 10 Jahre gesperrt, wenn den Beamten gerade danach war. Das ist vielen Leuten passiert, die ich aus dieser Zeit kannte.

Evan Ball:
Oh, wow. Also gut. Dann wollen wir mal sehen. Zurück zu Death From Above. Hattet ihr ursprünglich den Plan, nur zu zweit zu starten? Oder kam das nachher?

Jesse Keeler:
Nun, ich habe nur den Bass und das Schlagzeug für die ersten drei Songs aufgenommen, weil ich sie nicht vergessen wollte. Das war auch etwas, das mich an dem Tag beschäftigt hat. Aber ich dachte, Seb und ich könnten darüber Gitarre spielen, und dass wir Leute finden können, die diese einfachen Bass- und Schlagzeugteile spielen. Als Seb alles gehört hat, dachte er, dass ich dazu singen will. Dann wollten wir also jemanden finden, der Schlagzeug spielt und ich hätte die Gitarre gespielt. Und dann, eines Tages ... Es war mitten am Tag und Sebastian sagte zu mir: "Weißt du, ich glaube, ich könnte gleichzeitig singen und Schlagzeug spielen." Wir gingen in den Keller und das erste Mal, als wir „Dead Womb“ spielten, war es so weit. Ich erinnere mich, dass wir mit dem Song fertig waren und wir einfach nur dastanden und uns ansahen. Und ich sagte laut: "Ich glaube, das wird den Leuten gefallen".

Evan Ball:
Das ist großartig.

Jesse Keeler:
Es hat tatsächlich funktioniert. Und ja, von da an haben wir einfach weitergemacht, und haben nicht mehr versucht, noch Leute dazu zu holen.

Evan Ball:
Habt ihr zu der Zeit zusammengewohnt?

Jesse Keeler:
Ja. Wie soll ich sagen? Ich weiß nicht, wann was verjährt. Aber ich hatte ein Haus und Sebastian und dieser andere Typ, den er kannte, brauchten eine Wohnung. Ich hatte drei Schlafzimmer, also sagte ich: „Hey, kommt zu mir.“ Zu der Zeit haben wir auch zusammen geschrieben, was natürlich alles sehr einfach gemacht hat. Man konnte einfach die Treppe runtergehen und spielen.

Evan Ball:
Ja, das ist toll. Das muss ein echter Vorteil sein, wenn die Kreativität gerade kommt. Man kann es sofort passieren lassen und zusammen spielen.

Jesse Keeler:
Oh, ja. Und das ist etwas, das mich für die Zukunft wirklich beunruhigt. Ich meine, damals war ich 25 Jahre alt und konnte mir ein Einfamilienhaus in Toronto leisten. Heute kann man für so viel Geld noch nichtmal eine freistehende Garage kaufen, glaube ich. Und ich frage mich ... Ich denke an mein zukünftiges Ich, das irgendwo eine Band gründen und laut sein will. Dafür muss man reich sein. Ich meine, selbst ein winziger Proberaum kostet Tausende von Dollar pro Monat.

Evan Ball:
Ja. Darüber denkt man nicht nach, sondern man möchte der Kreativität nur Raum geben.

Jesse Keeler:
Ich weiß, dass die finanzielle Situation nicht überall gleich ist, aber zumindest in Toronto denke ich, dass alle Rockbands entweder die Kinder reicher Eltern sind oder aus den Vorstädten kommen. Denn das ist der einzige Ort, an dem man ... Laut zu sein ist ein kleines Privileg. Vor allem, wenn man ein Kind ist und Eltern hat, die sagen: "Oh ja, du brauchst ein Schlagzeug? Willst du ein 24-Zoll-Ride-Becken?“ Und damit kann man dann spielen, ohne dass die Nachbarn sich beschweren. Das ist nicht so, wie wenn man in einer Wohnung wohnt.

Evan Ball:
Das erinnert mich an etwas, das ich gerade gesehen habe ... Ich weiß nicht, ob du den neuen Dokumentarfilm von Billie Eilish gesehen hast, der gerade rausgekommen ist.

Jesse Keeler:
Nein. Aber ich könnte meine Töchter befragen, und ich bin sicher, sie würden mir sagen ...

Evan Ball:
Ja. Es ist wirklich erstaunlich und ein Glücksfall, dass nur Bruder und Schwester zusammen leben. Das ist wieder diese Dynamik. Sie haben die perfekte Umgebung, um kreativ zu sein. Ich meine, sie haben sich gegenseitig gebraucht, um miteinander zu spielen, und sie haben beide so viel natürliches Talent. Aber sie haben auch das Glück, dass sie Geschwister sind und im selben Haus wohnen. Ich meine, sie haben dieses riesige Album auf ihrem MacBook zu Hause aufgenommen. Es ist verrückt, aber eine andere Situation und das wäre vielleicht nicht passiert.

Jesse Keeler:
Das ist wirklich sehr inspirierend, denn das ist ... Der Computer hat in diesem Sinne alle meine 44 Jahre alten DIY-Träume verwirklicht. Ich meine, selbst wenn ich jetzt zurückdenke und an all die Platten denke, die wir gemacht haben, oder an die anderen ... Ich habe keine brauchbaren Platten gepresst, wenn andere Leute das für mich gemacht haben. Wir mussten nicht viel Geld haben, aber es kostete trotzdem eine Menge Geld, wenn man Musik veröffentlichen wollte. Oder du musstest jemanden kennen, der einen Vierspur-Recorder oder so etwas hatte.

Evan Ball:
Ja. Die nötige Ausrüstung.

Jesse Keeler:
Heute kostet das alles nichts mehr. Ich habe mit dem alten Laptop meiner Mutter angefangen, elektronische Musik zu machen, und ich konnte das überall und mit Kopfhörern machen und brauchte keinen Platz. Das ändert alles, also ...

Evan Ball:
Ja. Nein, ich bin genauso alt wie du und ich schätze es sehr, was ich jetzt auf meinem MacBook habe. Ich habe mit Garageband angefangen und bin dann zu Logic übergegangen, weil ich ein Achtspur-Gerät hatte. Also, eigentlich war es ein Siebenspurgerät, weil eine der Spuren kaputt war und ich kein ADAT hatte, aber die Phase vor dem Umstieg auf den Computer war schwierig. Ich weiß nicht, ob du dich daran erinnerst, dass es damals Geräte von Roland gab. Den VS-1680 zum Beispiel. Das war das erste eigenständige Festplattenlaufwerk mit einem Vollbildschirm darauf. Das Ding hat etwa 5.000 Dollar gekostet.

Jesse Keeler:
Dieses Gerät hatte ich nicht. Ich hatte einen kleineren ... War es ein Festplattenrekorder? Ich glaube, ich hatte einen, der eine... Vielleicht hatte er auch eine Festplatte, aber ich hatte eine Art digitalen Rekorder, mit dem ich die ersten drei Tracks aufgenommen habe.

Evan Ball:
Okay.

Jesse Keeler:
Ich habe alles darauf aufgenommen, und es war so klein, dass ich nach unten gehen und das Schlagzeug mit einem einzigen Stereomikrofon aufnehmen konnte, das ich hatte. Dann ging ich nach oben und stellte ein Mikrofon vor eine Gitarre und einen Verstärker, was ich in meinem Schlafzimmer hatte, und so habe ich oft Sachen geschrieben.

Evan Ball:
Ja. Und jetzt gibt es Garageband kostenlos mit deinem Computer?

Jesse Keeler:
Ich habe immer davon geträumt, dass es bei mir so ist, wie bei der Band Big Pink: ein Haus auf dem Land, wo man … Mit einem kleinen Studio-Setup. Und jetzt habe ich Big Gray und lebe auf einer Farm, die etwa 100 Meilen von Toronto entfernt liegt.

Evan Ball:
Oh, wow.

Jesse Keeler: Okay.

Jesse Keeler:
Neben mir und meiner besseren Hälfte gibt es in diesem Haus drei Studios.

Evan Ball:
Fantastisch.

Jesse Keeler:
Ja. Es ist großartig. Wenn ich das als Kind schon gehabt hätte, wäre ich wohl nie ausgezogen.

Evan Ball:
Richtig.

Jesse Keeler:
Ich wäre nirgendwo hingegangen.

Evan Ball:
Ja. Nun, bevor wir weitermachen: Was waren damals deine Hoffnungen und Träume für die Band, als du sie gegründet hast? Warst du sehr ehrgeizig, um den Durchbruch zu schaffen?

Jesse Keeler:
Ich denke, ich sollte dir ein paar Hintergrundinformationen über mich geben. Mein Vater war ein unglaublicher Gitarrist und hat den Sound der Gitarristen in Toronto nach ihm beeinflusst. Er war in der ersten kanadischen Band, die jemals im amerikanischen Fernsehen aufgetreten ist. Der Sänger seiner Band wurde später Sänger einer Band namens Blood, Sweat & Tears, von der du sicher schon gehört hast. Anscheinend war er eine Zeit lang in einer Band mit Rick James, aber sie haben keine Aufnahmen gemacht. Er hat die Highschool in der neunten Klasse verlassen, um auf Tournee zu gehen.

Evan Ball:
Das ist verrückt. Wow!

Jesse Keeler:
Er war ganz am Anfang bei Steppenwolf, hat die Band aber verlassen, weil er keine Drogen genommen hat. Das erste Haus, in dem ich wohnte, war das Haus des Bassisten von Alice Cooper. Meine Mutter kommt aus Indien, und die indische Rockgemeinde in Toronto war in den Siebzigern sehr klein. Der Bassist von Alice Cooper war auch Inder.

Evan Ball:
Wow! Das ist echt verrückt.

Jesse Keeler:
Ja. Wir haben alle in dem Haus gewohnt. Dort habe ich angefangen, Schlagzeug zu spielen, auf dem Schlagzeug, das sie dort hatten. Ich habe mir ein wunderschönes Ludwig-Schlagzeug gewünscht, es war alles von Pearl. Wie auch immer, ich bin also mit Musik aufgewachsen. Meine Mutter hatte irgendwann mal einen Verlag. Ich glaube, meine Eltern haben etwas Geld verdient, indem sie ein paar Country-Songs verkauft haben. Es war für niemanden in unserem Umfeld wirklich lukrativ, trotzdem haben es alle gemacht. Meine Großmutter war Pianistin für das Ballett in Toronto und schrieb all diese Musik für das Kinderballett und so. Aber ihre Leidenschaft war es, wie Art Tatum zu spielen, unglaublich verrücktes Jazzzeug. Musik war also immer um mich herum, aber alles, was ich vorher gemacht hatte … Ich meine, ich habe wahrscheinlich zehn Platten oder so rausgebracht, bevor Death From Above anfing.

Jesse Keeler:
Neulich habe ich mich daran erinnert, dass ich 1992 zum ersten Mal eine Show gespielt habe. Ich glaube, ich war 17. Seltsam, daran zu denken, aber ... Ich habe also schon immer Musik gemacht, und ich will nicht sagen, dass ich nicht darüber nachgedacht habe, aber das war das Einzige, was ich wirklich gerne gemacht habe. Ich hätte mir aber nie vorstellen können, dass ich das mal beruflich tun würde. Aber dann, als Seb und ich die erste Death From Above-Platte gemacht haben, habe ich sie meinem Vater gegeben. Ich weiß noch, dass er mich ein paar Tage später anrief und das erste, was er am Telefon sagte, war: "Du hast dir wirklich Ärger eingehandelt." Ich sagte: "Wovon sprichst du?" Er sagte: "Du hast etwas gemacht, das die Leute hören wollen. Du musst etwas damit machen." Denn vor diesem Jahr hat er immer ... Bei den Femme Fatale-Sachen sagte er immer: "Du hast zu viele Parts in diesen Songs." Er sagte: „Du kannst auch mal was wiederholen. Du kannst A-B-B-B-C machen. Es muss ja nicht A-B-C-D in 30 Sekunden sein."

Jesse Keeler:
Er hatte also einen Freund, der als Teenager der Tourmanager von Johnny Cash war und solche Sachen. Das wusste ich nicht. Wir wussten nichts über das Musikgeschäft, also sagte mein Vater: "Warum sprichst du nicht mit diesem Larry?" Dann habe ich die Platte an Larry geschickt. Er schickte mir noch ein paar andere Stücke und sagte: "Du wirst einen Anwalt brauchen." Ich lebte damals von fünf Dollar am Tag und dachte nur: „Wie, ein Anwalt. Ich kann mir das nicht leisten.“

Jesse Keeler:
Wir haben uns getroffen. Bei dem ersten Treffen haben wir verdammte Anzüge getragen. Seb trug das Jackett, das er beim Abschlussball trug. Wir wussten nicht, was wir tun sollten. Ich fragte mich: "Ist das ein Treffen? Müssen wir... Ist das eine Situation mit oder ohne Krawatte?" Ich glaube, das war das letzte Mal, dass ich einen Anzug getragen habe, außer bei einer Hochzeit oder einer Beerdigung. Aber wir wussten nichts. Wir wussten nur, dass wir versuchen sollten, etwas mit dieser Musik zu machen. Ich wusste aber nicht, was dieses Etwas war.

Evan Ball:
Ich finde es toll, dass dein Vater es als ein Dilemma dargestellt hat, weil es gut war. Das ist so wahr. Ich meine, wenn es scheiße ist, dann musst du dich nicht weiter damit beschäftigen.

Jesse Keeler:
Als ich noch sehr jung war, hat er mir gesagt: "Jesse, du willst nicht, dass das Musikgeschäft dir das Musik machen kaputt macht. Denn wenn das passiert, dann hast du alles verloren." Diesen Rat habe ich im Laufe der Jahre immer wieder an Freunde weitergegeben, bei denen ich merkte, dass sie wegen des Business-Aspekts frustriert waren und dass die Dinge nicht funktionierten und sie sagten: "Was funktioniert nicht? Du solltest es tun, weil du es tun willst. Du solltest es nicht tun, um berühmt zu werden. Ich meine, du solltest Kunst machen, weil du es musst.“

Evan Ball:
Aber hast du jemals Druck verspürt? Zum Beispiel, dass du es schaffen musst, damit du deine Rechnungen bezahlen kannst und dir keinen Job suchen musst?

Jesse Keeler:
Um ehrlich zu sein, nein. Ich habe mich nie wirklich so gefühlt. Es gab Zeiten, in denen ich unglaubliche körperliche Schmerzen hatte, und trotzdem habe ich weitergespielt. Und wenn du mich 30 Sekunden vorher gefragt hättest, ob ich auf die Bühne gehe: "Hey, Jesse, hast du Lust, jetzt eine Show zu spielen?" Aber in dem Moment, in dem ich auf die Bühne gehe, spüre ich keine Schmerzen mehr und sie sind für Stunden verschwunden. Dann mache ich einfach weiter, als gäbe es kein Halten mehr. Ich habe nie so darüber nachgedacht, aber wegen dem, was ich vorhin angedeutet habe, werde ich immer was zu Essen haben und ich werde nie obdachlos sein, solange ich noch bei Sinnen bin.

Evan Ball:
Na gut. Also gut. Nun, ich werde nicht noch tiefer graben. Lass uns über das neue Album sprechen. Es heißt also "Is 4 Lovers"?

Jesse Keeler:
Ja, Sir.

Evan Ball:
Für unsere Zuhörer: Wir haben diese Sendung am 25. März aufgenommen. Das Album kommt also morgen heraus. Richtig?

Jesse Keeler:
Es wird um Mitternacht in der digitalen Welt erscheinen.

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Es ist surreal.

Evan Ball:
Alles klar. Für unsere Hörer: Das Album ist jetzt draußen, damit ihr es hören könnt, aber ich habe es jetzt noch nicht gehört.

Jesse Keeler:
Ach du meine Güte.

Evan Ball:
Werde ich aber bald. Ja. Ich freue mich schon darauf. Ihr habt doch schon eine Single rausgebracht, oder? „One Plus One“, die ist auf dem Album, richtig?

Jesse Keeler:
Ja. Das ist Track zwei. Jetzt bin ich aber enttäuscht, dass du nicht das ganze Album bekommen hast. Wenn ich das gewusst hätte ...

Evan Ball:
Es sieht so aus, als hätte Allie mir gerade einen kleinen geheimen Link [Durcheinandergerede 00:26:07] per Zoom geschickt.

Jesse Keeler:
Ja. Perfektes Timing, Allie. Du kannst es dir einfach in Echtzeit anhören, während wir reden.

Evan Ball:
Ich freue mich schon darauf. Ist das Single-Cover das Albumcover?

Jesse Keeler:
Im Grunde ist es so ...

Evan Ball:
Ein Paar aus den Siebzigern im Bett?

Jesse Keeler:
Das ist nur die Single, aber das eigentliche Album enthält auch dieses Paar. Es sind Sebastians Großtante und Onkel, die beide im Laufe der letzten Zeit verstorben sind. Die Tante starb, als wir die Platte machten, und er ist mit seiner Mutter nach Chicago gefahren, um ihre Angelegenheiten zu regeln. Ich erinnere mich, dass er sie mir schickte und ich auf das eine Foto reagierte und sagte: "Das ist das Albumcover. Da ist es, genau da. Das ist es, es ist fertig." Ich weiß nicht, ob das seine Absicht war, als er es mir schickte, aber für mich war es ein Selbstläufer.

Evan Ball:
Okay. Gibt es bei diesem Album irgendetwas, das sich besonders von den anderen unterscheidet, z. B. in Bezug auf den Prozess oder den kreativen Freiraum?

Jesse Keeler:
Oh ja. In der Vergangenheit … Auf jeden Fall bei den letzten beiden Alben … Ja, von Anfang an gab es von jedem Song eine Demoversion, bevor wir ihn aufgenommen haben. Wir haben beide einen Haufen Sachen geschrieben, sind sie durchgegangen und haben entschieden, welche Songs auf dem Album landen sollen. Bei diesem Album wollten wir schon eine ganze Weile eine Platte ganz alleine machen. Aber ich glaube, obwohl wir beide wussten, wie es geht, war es sehr schwer, diese Verantwortung persönlich zu übernehmen, wenn du darum bittest ... Die Plattenfirma gibt dir ja Geld. Du musst ihnen etwas geben, das dieses Geld wert ist.

Jesse Keeler:
Ich glaube, wir wollten es einfach nicht vermasseln, oder wir waren eingeschüchtert. Aber dieses Mal haben wir einfach gesagt: "Nein, wir werden es wirklich versuchen". Und so haben wir uns in einem Raum eingerichtet, uns fünf Wochen lang getroffen und jeden Tag etwas geschrieben. Vieles von dem, was auf der Platte ist, ist der erste Take. Das sind die Momente, unmittelbar nach dem wir uns die Parts ausgedacht haben. Denn wir haben die ganze Zeit mit dem Computer aufgenommen, während wir herumgespielt haben. Wenn man sich die Rohnaufnahmen anhört, kann man den Moment hören, in dem wir sagen: "Oh, lass uns so weitermachen. Das ist der Teil da." Weißt du, was ich meine?

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Die Platte klingt also wie ... Wenn nur zwei Leute eine Platte ganz alleine machen, trifft man viele Entscheidungen, die auf Erfahrung basieren. Es gibt eine Menge zu tun, und wir sind nur zu zweit, also machen wir es uns nicht zu kompliziert. Es ist ja nicht so, als gäbe es einen Haufen von ... Die Praktikantinnen und Praktikanten haben darauf gewartet, die Trommelspuren zu editieren. Wir sollten es wahrscheinlich richtig machen. Wir sollten es einfach richtig machen, weil das, was richtig ist, in unseren Köpfen steckt

Evan Ball:
War das auf eurer Farm, wo ihr das gemacht habt?

Jesse Keeler:
Nein. Sebastian hat immer noch in LA gelebt und ich habe einfach … Hier war Winter, also war es eine gute Gelegenheit, dem Schnee zu entfliehen. Und ja, die letzten drei Platten, einschließlich dieser, haben wir dort unten gemacht und ich bin einfach für die Zeit dorthin geflogen. Ob ich mit Songs kam oder nicht, war unterschiedlich, aber bei dieser Platte haben wir sie einfach in dem Moment gemacht und dann aufgenommen, zumindest die ganze Musik. Den Gesang nimmt Sebastian immer erst hinterher auf, aber die Musik war eine unmittelbare Sache. Ich wusste nicht, wie sich das auf den Gesamteindruck des Albums auswirken würde, aber wir haben es schon oft gesagt. Ich habe mir noch nie eines unserer Alben so oft angehört wie dieses. Es macht mir wirklich Spaß, und ich glaube, es ist auch deshalb so gut hörbar, weil es nicht übertrieben ist, zumindest für uns. Das Brot wurde aus dem Ofen genommen, bevor es verbrannt ist.

Evan Ball:
Das habe ich mich auch schon gefragt und wollte dich fragen. Vielleicht nicht bei diesem Album, aber müsst ihr euch manchmal zurückhalten, wenn ihr eure Musik im Studio noch weiter ausbauen wollt, weil ihr nur zu zweit seid und die Musik auch live spielen wollt?

Jesse Keeler:
Ich erinnere mich daran, wie ich als Kind Led Zeppelin entdeckte und diese Platten hörte, die mich so sehr beeinflussten, dass ich jedes Riff nachspielen musste, so neugierig war ich. Und als ich dann später Videos von ihnen sah, stellte ich fest: "Oh, da war nur eine Gitarre.“ Es wird also immer nur ein Part sein. Ich glaube, das hat mich sehr beeinflusst: Ich hatte immer Angst davor, Dinge auf einer Platte zu machen, die ich auf der Bühne nicht umsetzen konnte, weil ich niemanden mit diesem Gefühl zurücklassen wollte.

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Letztendlich machen wir das nur für uns selbst, und es ist ein toller Zufall, dass es anderen Leuten gefällt, aber ich muss damit zufrieden sein. Diese Einstellung hat sich bei jeder Platte bewahrheitet. Egal, was wir bei den Aufnahmen machen, ich bin immer derjenige, der sagt: "Wie sollen wir das live machen?" Denn wenn wir keine Möglichkeit haben, es live zu machen, will ich es nicht machen. Abgesehen von der Doppelspur, die einfach großartig klingt und meiner Meinung nach auch dazu beiträgt, Probleme mit der Synchronisation zu vermeiden.

Jesse Keeler:
Um genau zu sein, habe ich vor Jahren herausgefunden, dass, wenn ich den Sub auf der Aufnahme meines Basses mit einem Synthesizer-Sub oder einem cleanen DI ergänze, wie ich es live meistens mache, dass dadurch auf den verzerrten Kanälen eine Menge Luft nach oben frei wird. Das war's dann auch schon.

Evan Ball:
Nun, ich möchte dich dazu etwas fragen. Ich glaube, wir kommen zur nächsten Frage: Gibt es einen Schlüssel für einen guten Verzerrungs-Sound beim Bass? Der kann nämlich ganz schön „furzig“ sein, wenn du willst.

Jesse Keeler:
Oh, ja.

Evan Ball:
Du brauchst ihn groß und fies, aber du brauchst trotzdem Klarheit, denn deine Riffs sind das Zentrum des Songs.

Jesse Keeler:
Ich hoffe, es gibt ein paar Pedalbauer da draußen, die mir zuhören, wenn ich das sage: Der Schlüssel ist die Luft nach oben. Der Schlüssel ist immer die Aussteuerungsreserve und diese ganze Neun-Volt-Verzerrung... Ich meine, du hast plus, und minus. Neun ist ziemlich klein. Mein Hauptverstärker läuft mit 24 Volt, obwohl der Schaltplan sagt, dass der Vorverstärker mit 24 Volt läuft. Wenn man das mit einem Messgerät überprüft, sind es eigentlich 36. Das macht einen riesigen Unterschied, denn dann kann man richtig verzerren, bevor die Kompression einsetzt. Je mehr Saft ... Deshalb gibt es all diese Pedale, die jetzt alles Mögliche haben ... Ich mache Luftanführungszeichen. Dieses Power-Pump-Ding, bei dem es mit neun Volt läuft, aber dann füllt sich der Kondensator und dann trocknet es bei 24 aus, weil es versucht, die Luft nach oben des Verstärkers in der kleinen Einstellung zu schaffen.

Jesse Keeler:
Jahrelang haben mich die Leute gefragt: "Was für Verzerrerpedale benutzt du denn?" Ich sagte ihnen: "Ich benutze keine." Damals habe ich das gesagt und getan, weil ich kein Geld hatte, um mit verschiedenen Verzerrerpedalen zu experimentieren. Aber als ich das tat, weil ich es mir leisten konnte, oder zugegebenermaßen, weil mir Leute Sachen zum Ausprobieren schickten, merkte ich sehr schnell, dass ich zwar den gewünschten Sättigungsgrad erreichte, aber dann auch meine ganze Dynamik verlor. Und so laut ich auch bin: Bei mir gibt es keine Rückkopplung, es sei denn, ich berühre die Lautsprecher. Mein Amp wird nicht einfach so rückkoppeln, weil er so viel Luft nach oben hat.

Jesse Keeler:
Ich glaube, das ist der Schlüssel, und die andere Sache ist, den EQ für die Höhen wirklich zu benutzen. Ich denke, bei deinem Bass kannst du nur die Lautstärke und den Ton verändern. Ich habe den Ton immer weit aufgedreht, weil ich ihn heller haben wollte, damit die einzelnen Noten auch wirklich durchschlagen. Aber seit ich den Dan Armstrong-Bass benutze, der an sich schon ziemlich matschig und „furzig“ ist... Ich meine, Kent Armstrong hat die Humbucker gebaut, die ich in den Bässen seines Vaters verwende, und ich finde, sie klingen viel besser als die Originale. Aber in gewisser Weise haben sie zu viel Output. Sie treiben zu stark an, also ist das allererste Gerät in meiner Effektreihe ein EQ-Pedal, mit dem ich die Verstärkung so weit wie möglich zurücknehme. Dann nehme ich die 30-Hz-Sounds raus, damit es auf eine andere Art und Weise klappt.

Jesse Keeler:
Auf der Bühne haben wir in der Regel ein DI ganz am Anfang, und dann wird einfach die 50-Hz-Frequenz des Clean-Signals verwendet. Und die Verstärker bekommen das gar nicht mit. Sie werden nicht von diesem Sub getroffen, der dann den Headroom auffrisst.

Evan Ball:
Hast du früher mit einem Gitarrenverstärker statt mit einem Bassverstärker gespielt? Du sagtest, du hättest keine Pedale für die Verzerrung.

Jesse Keeler:
Nein. Ich meine, die Verstärker für alles waren ... Ich hatte einen akustischen 450B-Verstärker, für den ich in den Neunzigern irgendeine lausige Drum-Maschine eingetauscht hatte. Und dann hatte ich diesen PVF 800B, von dem mir die Leute ständig Bilder geschickt haben und sagten: "Hey, ich habe einen gefunden. Willst du den haben?“ Das ist sogar gerade gestern passiert. Diese beiden Verstärker sind für den Sound der Band ausschlaggebend. Das Herzstück des Bass-Sounds ist ein Bass, ein Chorus-Pedal, ein Stereo-Chorus-Pedal, und diese beiden Topteile. Beide haben eine eingebaute Verzerrung. Der Sound der beiden zusammen ist gut. Dem Klang eines der beiden allein fehlt etwas. Die PV-Topteile waren zu matschig. Das akustische Topteil hat die Bässe nicht richtig hinbekommen. Aber mit den beiden und dem Chorus-Pedal, das unglaublich schnell zwischen ihnen hin- und herschaltet, klingt das super.

Evan Ball:
Ok. Ich habe ein paar kurze Fragen.

Jesse Keeler:
Klar.

Evan Ball:
Die Liste kann so lang sein, wie du willst: Welche Bands oder Künstler, würdest du sagen, haben Death From Above 1979 am meisten beeinflusst?

Jesse Keeler:
Am Anfang war sicherlich das frühe Deep Purple-Zeug ein großer Einfluss, auch, was das Design betrifft. In der Punkszene, aus der wir kamen, war es ein absolutes Tabu, sein Gesicht auf eine Platte zu drucken. Das ist so ein komischer Rockstar-Scheiß. Wer macht sowas schon? Aber wir hatten viel „In Rock“ von Deep Purple gehört. Und für die Leute, die das Cover nicht kennen: Es zeigt die Mitglieder der Band im Mount Rushmore. Und wir dachten, das wäre ... Es „In Rock“ zu nennen, ist einfach witzig. Aber wir dachten: "Wäre es nicht witzig, wenn ich unsere Köpfe irgendwie bearbeite und wir sie auf das Cover der Platte packen und die Platte „Heads Up“ nennen?" Erst war es ein Scherz … und jetzt.

Evan Ball:
Ihr habt die Elefantenrüssel auf euren Gesichtern gesehen, stimmt das?

Jesse Keeler:
Ja. Nun, ich musste ...

Evan Ball:
[Durcheinandergerede 00:38:23] in der Punkwelt etwas weniger tabu, oder?

Jesse Keeler:
Ich musste etwas tun. Aber wir haben früher sogar ... Am Anfang haben wir sogar manchmal "Into The Fire" von Deep Purple gecovert, wenn jemand wollte, dass wir weiterspielen und wir keine weiteren Lieder hatten.

Evan Ball:
Okay.

Jesse Keeler:
Dieser ganze Unisono-Gitarren-Bass-Orgel-Riff-Kram ist die Blaupause für meine ganze Herangehensweise. Wenn du dir eine Band anhörst, in der alle im Gleichklang spielen … Wenn alle Instrumente dieselben Noten spielen, dann kann ich das doch auch alleine machen, oder? Das ist im Grunde das ganze Konzept. Sogar bei den Verstärkern ist es so, dass ein Verstärker eher ein Bassverstärker ist, ein Verstärker eher ein Gitarrenverstärker, und dann gibt es noch den Bass und die Gitarre. Mit den Effekten ist es jetzt so, als würde auch eine B3 durch den Marshall laufen. Ich kann das mit der Lautstärke und so weiter erreichen, aber du kannst auch ... Es wird nicht mehr so voll klingen, aber ich kann definitiv so laut sein. Das war also ein großer Einfluss.

Jesse Keeler:
Seb sagt mir immer, ich solle versuchen, Blues zu vermeiden, denn das ist mein Standard. Ich will immer Blues spielen. Wenn ich alleine bin, zum Beispiel.

Evan Ball:
Interessant.

Jesse Keeler:
... Ich habe gelernt, wie man spielt, aber wenn er mir sagt, dass ich das vermeiden soll, dann denke ich ein bisschen anders über die Noten nach.

Evan Ball:
Deshalb macht er das? Um dich aus bestimmten Abläufen herauszuholen, nehme ich an?

Jesse Keeler:
Ich glaube, er will nur verhindern, dass wir zu „tropisch“ werden.

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Manche Gitarristen, die das hier hören, werden wahrscheinlich wissen, wovon ich spreche. Ist dir schon mal aufgefallen, dass Soli manchmal anfangen, „ägyptisch“ zu klingen? Weißt du, wovon ich spreche?

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Das ist so eine Art schlangenhafte Tonleiter.

Evan Ball:
Ja, ich glaube, ich weiß, was du meinst.

Jesse Keeler:
Es fühlt sich gut an, so zu spilen. Ich mache das automatisch. Man landet einfach in dieser Zone. Mein Vater hat sich auch manchmal dabei ertappt, wie er alte Riffs gespielt hat. Zum Beispiel von den Coasters und so und er hat diese Sachen in seine Stücke eingebaut. Aber ja, sowas soll vermieden werden.

Evan Ball:
Das kann ich mir vorstellen. Vielleicht haben ZZ Tops schon all diese bluesigen Riffs gespielt oder so ...

Jesse Keeler:
Ja.

Evan Ball:
Du könntest die Originalität verlieren, oder es könnte klingen wie ein Mittelweg.

Jesse Keeler:
Vielleicht möchte er mich aber auch nur davon abhalten, dass ich mich verstelle. Ich bin immer in Bewegung. Ich kann mich nicht einfach zurückziehen ... „Diese Note sollte die nächste sein!“ „Nein, nein, nein, lass uns eine Entscheidung treffen!“

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Jetzt rede ich gerade mit dir. Du kannst mein inneres Dilemma hören, wie eine parallele Unterhaltung. Was wirst du jetzt tun, Jesse? Wie geht es für dich weiter? Du hast wirklich die Finger im Spiel, Kumpel.

Evan Ball:
Das ist großartig. Ich kenne das Gefühl.

Jesse Keeler:
Ich hoffe, dass sie sich geschmeichelt fühlen: Es gab eine Punk- oder Hardcore-Band. Ich glaube, sie hieß VSS, kam aus Colorado und spielte Gitarre, Bass oder Synthesizer. Der Typ spielte entweder das eine oder das andere, gelegentlich versuchte er, beides gleichzeitig zu spielen, Schlagzeug und Gesang, aber es war... Ihre Platten sind unglaublich. Es gibt ein Album namens „Nervous Circuits“, das ich zum ersten Mal hörte ... Ich bin mit dem Sohn des Sängers befreundet. Er ist ein unglaublicher Künstler. Aber ich erinnere mich, wie ich es hörte und mir Gedanken darüber machte, wie eine Aufnahme sein muss oder wie die Instrumentierung in den Songs sein muss, wenn es nur Gitarre, Synthesizer und Schlagzeug gibt. Ich vermisse den Bass nicht. Ich merke nicht, dass er nicht Bass spielt. Und mir wurde klar, dass es in der Musik viele andere Beispiele dafür gibt. Aber für mich war das das eine.

Evan Ball:
Ja, das werde ich mir ansehen.

Jesse Keeler:
Das klang wie diese „Nervous Circuits“-Platte. Wäre sie 1989 herausgekommen, wären sie die größte Band der Welt gewesen. Aber ja, das war ein großer Einfluss auf mich und darauf, wie ich über die Zusammenstellung von Sachen denke.

Jesse Keeler:
Ich will nicht kitschig klingen, aber die späten Beatles hatten einen großen Einfluss auf Sebastian und mich. Ich erinnere mich noch daran, wie sein Vater, Sébs Vater, zu uns nach Hause kam, sich unser ganzes Equipment ansah und sagte: "Ihr habt mehr Equipment als die Beatles, um „Abbey Road“ zu machen. Wo ist meine Abbey Road?" Aber so wie diese Platten abgespielt werden, passiert immer etwas. Die ganze B-Seite von „Abbey Road „besteht nur aus einem Haufen kleiner Songs, die aneinandergereiht sind. Schon allein die Art und Weise, wie etwas ein- und ausgeht, oder wie der Bass die Gitarre beeinflusst - all das hat uns stark beeinflusst. Ob du es nun magst oder nicht, wenn du dir diese Platten oft genug anhörst, ist es da.

Jesse Keeler:
Ich füge noch einen weiteren großen Einfluss auf meine Notenwahl hinzu, manchmal zu Seb's Frustration, weil es ihm schwerfällt, sich Melodien auszudenken, über die er singen kann, aber der Siebziger-Bowie hat mich stark beeinlusst. Ich musste mir mehrere Exemplare von „Diamond Dogs“ kaufen, weil sie durch die Plattennadel ganz abgenutzt waren. Aber all diese Akkorde auf der neuen Platte … Ich denke, dass sie gut zur Schau stellen, was ich so gemacht habe.

Evan Ball:
Ja. Na gut. Fallen dir irgendwelche seltsamen Fan-Begegnungen ein?

Jesse Keeler:
Oh mein Gott, Alter.

Jesse Keeler: Ja.

Evan Ball:
Du kannst auch immer passen.

Jesse Keeler:
Nein, nein, ich meine nur, dass es da eine Menge gibt. Im Lauf der Jahre ist viel passiert. Zum Glück nur Positives, aber ich glaube, es gibt immer noch ... Die Krone für das verrückteste Ereignis wird immer ... Wir haben in DC im 930 Club gespielt und Seb hat danach ein Mädchen erwischt, wie es etwas auf die Stoßstange unseres Busses gestreut hat. Als er sie zur Rede stellte, hat sie angefangen zu weinen und das war die Asche ihres Bruders, weil er …

Evan Ball:
Oh, mein Gott.

Jesse Keeler:
... er war ein Riesenfan. Sie wollte etwas von seiner Asche in unseren Bus legen, damit er mit uns auf Tour gehen konnte. Und Seb sagte: "Warum gibst du uns nicht die Asche und wir vergraben sie auf Jesses Farm oder so?" Sie gab ihm diese Pillendose mit der Asche dieses Mannes und wir saßen schweigend im Bus, schauten uns an, hielten das Ding in der Hand und dachten: „Das ist doch verrückt.“ Er war ein riesiger Fan. Seb reichte mir das Behältnis, ich schüttelte es und sagte: "Das klingt wirklich gut. Wir sollten es auf der Platte verwenden. Dann ist er auf dem Album." Auf dem letzten Album haben wir ihn als Shaker genannt.

Evan Ball:
Oh, wow.

Jesse Keeler:
Ich glaube, wir haben seine ganze Familie kennengelernt, weil sie zu den Konzerten gekommen sind, und sie alle getroffen. Das hätte ich mir nie träumen lassen.

Evan Ball:
Genau.

Jesse Keeler:
Hey, willst du in einer Band sein? Dann wirst du eines Tages so wichtig für jemanden sein.

Evan Ball:
Wow. Das ist heftig.

Jesse Keeler:
Es ist eine Ehre. Aber es ist so seltsam, das zu verarbeiten, wie ... Ich kann mir nicht vorstellen ...

Evan Ball:
Wie wichtig deine Musik ist.

Jesse Keeler:
Ja. Ich habe gestern ein Interview gegeben. Seb war an einer Raststätte und konnte nicht dabei sein, also habe ich es allein gemacht, und der Typ hat immer wieder den Begriff "legendär" benutzt. Und ich habe ihn jedes Mal unterbrochen. Ich sagte: "Alter, was redest du da, legendär? Legendär?“ Das ist eine seltsame Sache. Das ist einfach etwas, das ich mache. Etwas, das ich schon mein halbes Leben lang mache. Es ist schmeichelhaft, aber ich weiß nicht, wie ich das verarbeiten soll. Ich kann es nicht glauben und ich bin mir sicher, dass es viele andere Leute gibt, die es auch nicht glauben, wenn sie das hören. Aber es ist einfach eine seltsame...

Evan Ball:
Was für eine Achterbahnfahrt.

Jesse Keeler:
Dinge, die erzählt werden müssen.

Evan Ball:
Das ist erstaunlich. Apropos, ich habe gesehen, dass ihr auf dem Life Is Beautiful Festival in Las Vegas spielt.

Jesse Keeler:
Ja.

Evan Ball:
Da gibt es viele große Acts. Gibt es Bands, auf die du dich besonders freust, weil sie dort auftreten?

Jesse Keeler:
Ja, ich muss es mir noch einmal ansehen, denn ein Teil von mir hat Angst, dass ich mich zu sehr darauf freue und es dann doch nicht stattfindet. Es ist schon so lange her, dass ich gespielt habe. Das ist die längste Zeit seit 92, in der ich nicht in irgendeiner Form vor Leuten gespielt habe. Und selbst als das Angebot für die Show kam, dachte ich: "Wie aufgeregt soll ich sein? Ich habe fünf Richtige auf dem Lottoschein. Will ich überhaupt wissen, ob die letzte Zahl stimmt?" Ich will es tun.

Evan Ball:
Ich denke, die Chancen stehen im Moment ziemlich gut. Ich meine, im September ist der Sommer vorbei. So wie sich die Dinge in den USA im Moment entwickeln, klopfe ich auf Holz. Aber ich weiß, dass es schwer ist, wenn man eine Enttäuschung nach der anderen erlebt, weil man nichts buchen kann.

Jesse Keeler:
Das hoffe ich auch. Ich glaube, das Wichtigste, was mich davon abhält, mich zu sehr darüber aufzuregen, ist, dass ich mich über das Zeug an den Grenzen wundere. Denn selbst wenn es sich nur um ein paar Kleinigkeiten handelt, wenn wir da runter müssen und es eine zweiwöchige Quarantäne gibt und dann nochmal eine zweiwöchige Quarantäne, wenn wir zurückkommen: Bezahle ich dann meine Crew für einen Monat für eine einzige Show? Wenn sie für mich arbeiten und dann zwei Wochen lang nicht mehr arbeiten können … Wie soll das funktionieren?

Evan Ball:
Ich denke, dass Tests und Impfstoffe zu diesem Zeitpunkt so weit verbreitet sein werden, dass man die Sicherheit dokumentieren kann.

Jesse Keeler:
Ja, ich weiß. Ich habe gelesen, dass es in Israel eine Art Impfpass gibt, der auf zwei Arten funktioniert: Entweder man kann ... Oder es ist eher eine Art Immunität. Wenn du also die T-Zellen hast, die zeigen, dass du die Krankheit gehabt und besiegt hast, bekommst du den Stempel. Oder wenn du dich impfen lässt, bekommst du den Stempel. Und das macht mir Hoffnung, denn das klingt ziemlich realistisch.

Evan Ball:
Ist Sebastian in den USA? Lebt er in L.A.?

Jesse Keeler:
Seb hat L.A. verlassen. Ich habe dort eine Zeit lang gelebt. Ich bin 2011 weggezogen, und er ist 2011 dorthin gezogen. Ich bin weggezogen, weil ich meine zweite Tochter bekommen habe und ich wollte nicht, dass sie ... Wir wollten nicht, dass sie von meiner Familie getrennt ist. Also kam ich zurück. Er ging dorthin. Letztes Jahr zog er wieder hierher zurück. Interessanterweise, kurz nachdem er ein Kind bekommen hatte. Vielleicht ist es also so, dass wir als Kanadier denken: "Wenn wir schon Kinder haben, müssen wir sie auch zu Kanadiern machen." Obwohl ich denke, dass seine Tochter eigentlich Amerikanerin ist.

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Es ist viel einfacher, Aufnahmen zu machen, wenn man so nah beieinander ist und nicht stundenlang fliegen muss.

Evan Ball:
Oh, sicher.

Jesse Keeler: Ja.

Jesse Keeler:
Vor allem, nachdem wir diese Platte ganz alleine fertiggestellt haben, wissen wir jetzt, dass wir das wieder tun können, und wir sind mit dem Ergebnis zufrieden. Es scheint, dass andere Leute das auch sind, denn es hätte so oder so ausgehen können. Das Ergebnis hätte auch scheiße werden können. Die Möglichkeit besteht immer.

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Aber es hat geklappt. Seb renoviert also dieses Haus, das ungefähr ... Ich meine, mein Haus ist 197 Jahre alt. Seins ist ungefähr genauso alt. Ich glaube, er richtet in seinem Haus ein Studio ein, das im Grunde fast dasselbe ist wie das, das wir in LA hatten. Dann kann ich einfach dorthin fahren, statt zu fliegen.

Evan Ball:
Sehr cool.

Jesse Keeler:
... und ja, wir können einfach Musik machen, wann immer wir wollen.

Evan Ball:
Moment, wie alt sind diese Häuser?

Jesse Keeler:
Mein Haus ist 197 Jahre alt. Ich habe hier auch einen Friedhof. Der Mann, der mein Haus gebaut hat, ist dort begraben, zusammen mit fünf anderen Menschen. Die Urkunde von einem Haus stammt vom König von England. Es ist älter als Kanada.

Evan Ball:
Ja. Auf dieser Seite des Atlantik seit 200 Jahren. Das reicht bis hierher zurück.

Jesse Keeler:
Nun, ich wohle sehr, sehr abgelegen. Im Winter ruft der Müllmann bei uns an und fragt, ob wir Müll haben, denn wenn nicht, muss er nicht herkommen. Meine Straße sieht manchmal so aus, als hätte es Bowlingkugeln geregnet, und zwar 10-Pin-Bowlingkugeln, nicht 5. Im Frühling kann man auf ihr etwa zwei Meilen pro Stunde fahren, aber ich mag sie.

Evan Ball:
Das klingt cool. Hast du eine Vorstellung davon, wie die Musik in zehn Jahren aussehen wird? Musikalische Trends oder Trends für Geschäftsmodelle in der Musikindustrie?

Jesse Keeler:
Ich denke, dass Musik immer reaktiv ist. Die Entwicklung des Jazz aus dem Swing und der Bigband-Musik lässt sich leicht nachvollziehen. Die Leute, die den Jazz erfunden haben, waren Big-Band-Swing-Spieler, denen es nicht gefiel, wie strukturiert der Swing wurde. Das Zeug von Benny Goodman war nicht inspirierend. Und dann gibt es da noch ... Ich habe eine Sarah-Vaughan-Platte, die um vier Uhr morgens mit der Count Basie Band aufgenommen wurde. Sie hatten an diesem Tag schon gespielt, aber sie mussten noch mehr machen. Weißt du, was ich meine?

Jesse Keeler:
Wenn der Jazz zu strukturiert wird, entsteht daraus der Free Jazz. Offensichtlich wird das auch, wenn man sich den Metal anschaut, wo alles eher rockig angefangen hat und dann schwerer, schneller und lauter wurde. Jetzt gibt es Ableger, die einfach nur noch laut sind. Verstehst du?

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Ich glaube, das sind immer die Leute, die darauf reagieren, dass sie in eine kreative Schublade gesteckt werden. Ich habe einen Rapper entdeckt, den ich liebe: Westside Gunn aus Buffalo. Der Kerl bringt jedes Jahr vier Platten heraus. Das ist verrückt. Ich kann mir nicht vorstellen, so produktiv zu sein, aber auf seinen Platten gibt es jede Menge Tracks, die kein Schlagzeug enthalten. Ich höre mir ein Rap-Album an, das ich sehr mag, aber die Hälfte der Songs enthält kein Schlagzeug. Vielleicht sind ein paar Drums im Sample zu hören, aber das sind nur die Loops. Das war's. Kein Schlagzeug, und das steht im krassen Gegensatz zu dem, was in dieser Musik seit Jahrzehnten passiert. Ich glaube, dass solche Reaktionen immer wieder auftreten werden, und vielleicht kommt es dann zu einem Punkt, an dem diese Idee immer extremer wird, und dann kommt sie wieder zurück. Ich denke, Musik ist immer reaktiv. Ich versuche vorherzusagen, was als Nächstes kommt, wenn ich merke, dass eine Idee gesättigt ist, wie z.B. der Dubstep in der elektronischen Musik, der aus dem Nichts auftauchte und einfach unvermeidlich wurde.

Jesse Keeler:
Ich glaube, das liegt einfach daran, dass sich die Dinge digital so schnell entwickeln, dass es viel, viel schneller geht, bis der Sättigungspunkt erreicht ist. Ich weiß nicht, aber was mich wirklich aufregt, wenn ich daran denke, wie ... Meine Kinder sind neun und scheinen 14 zu sein. Sie haben ihr ganzes Leben in einer Zeit verbracht, in der sie sich nie Sorgen um einen funktionierenden Aufnahme machen mussten.

Evan Ball:
Klar.

Jesse Keeler:
Wenn ich mir vorstelle, wie unglaublich der Computer ist, mit dem ich jetzt spreche, wie wird er dann in zehn Jahren sein? Ich kann mir gar nicht vorstellen, was die Kinder, die damit aufgewachsen sind, alles machen werden. Sie haben eine ganz andere Vorstellung von dem, was möglich ist. Die Dinge, die dich und mich beeindrucken, sind für sie eine Selbstverständlichkeit. Ihre Köpfe werden also weit über das hinausblicken, was machbar ist, und sie werden sich fragen, wie man diese Dinge an die Grenzen treibt. Das hoffe ich jedenfalls. Das bin ich. Ich bin eine Art Hippie und Optimist, was all das angeht.

Evan Ball:
Nun, das ist wahr. Ich meine, du hast dir das alles gut überlegt. Die Reaktionen auf das, was vorher war, und darauf, dass man an die Grenzen geht. Aber wie wir schon gesagt haben: Mit der Demokratisierung der Musik, sowohl was das Machen, als auch, was das Hören betrifft, und das Finden der richtigen Leuten und der richtigen Nische, passiert so viel auf einmal, wie noch nie zuvor. Es gibt so viele Szenen, die parallel existieren, und so vervielfacht sich alles und passiert schneller.

Jesse Keeler:
Oh, dazu habe ich eine wirklich tolle Anekdote, die zeigt, wie sich die Dinge verändern. Ich habe mir ein Konzert von King Gizzard & The Lizard Wizard angesehen. Ich glaube, das war die letzte Rockshow, die ich besucht habe, bevor der Lockdown angefangen hat. Der Veranstalter ist ein Freund von mir und wir standen an der Seite. Ich schaute in die Menge und es war das vielseitigste Publikum, das ich je in meinem Leben gesehen habe. Es war alles dabei, von jemandem, der fast wie ein Crust-Punk aussah, über einen Hippie bis hin zu Leuten, die aussahen, als wären sie bei einer Rap-Show, war alles dabei. Ich fragte den Veranstalter: "Sind alle ihre Shows so?" Und er sagte nur: "Das ist eine Internet-Show. Eine Spotify-Show." Und ich: "Was meinst du?" Er sagte: „Nun, wenn man es mit vor 20 Jahren vergleich, ist das eine Hardcore-Show.“

Jesse Keeler:
Alle sehen irgendwie gleich aus, alle sind irgendwie gleich gekleidet und beeinflusst, so wie Punks halt wie Punks aussehen, und dann bist du bei einer Rap-Show, und alle sehen so aus, als würden sie Rap-Musik hören. Verstehst du, was ich damit sagen will?

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Wie das im Metal läuft, ist offensichtlich. Die ganzen T-Shirts, seltsame Dämonen-Blut-Schriftzüge. Okay ... Jeder geht zur ... Man kann viele verschiedene Sachen tragen. Die Musikszene, in der du dich bewegst, bestimmt nicht nur, was auf deinem Plattenspieler landet, sondern auch, wie du dich kleidest und so weiter. Und wenn du dich umschaust, stellst du fest: Nein, all diese Leute haben diese Musik gefunden, ohne einem Club beitreten zu müssen. Und jetzt sind sie alle hier und genießen sie gemeinsam. Das Einzige, was sie als Gruppe eint, ist, dass sie alle diese Musik lieben. Und das ist das Einzige, was zählt. Ich finde das erstaunlich, denn wenn ich das nicht gesehen hätte und es mir dann nicht erklärt worden wäre, hätte ich nie gedacht, dass sowas passieren könnte.

Evan Ball:
Ja. Das ist interessant. Eine tolle Anekdote.

Jesse Keeler:
Das passiert, wenn man quasi im Wald lebt. Ich bin ja auch Landwirt. Mein Hof ist ein aktiver Arbeitsbauernhof. Gerade habe ich frei. Wir fangen nicht vor Mai an, etwas anzupflanzen.

Evan Ball:
Okay.

Jesse Keeler:
Das ist die perfekte Zeit für mich, um mir tiefgründige Gedanken über Musik zu machen.

Evan Ball:
Ja, das ist großartig. Bevor ich dich entlasse, lass uns noch kurz über Saiten sprechen. Welche Basssaiten spielst du?

Jesse Keeler:
Ich spiele Ernie Ball Regular Slinkys.

Evan Ball:
Regular Slinkys.

Jesse Keeler:
Die gelbe Packung, ja. Ich habe diese Saiten auf so ziemlich jeder Gitarre gespielt, die ich je hatte. Beim Bass habe ich vom ersten Tag an andere Saitenstärken ausprobiert. Man hat mir gesagt: "Oh, du könntest doch die rosa Packung spielen, dann wäre es einfacher für deine Hände." Aber ich habe riesige Hände und spiele viel höher, als die Leute erwarten, weil das einfacher ist. Das ist kein Problem für mich und ich mag es, mir die Dinge körperlich schwer zu machen, aber sie sind perfekt.

Evan Ball:
Ja.

Jesse Keeler:
Ich weiß, das klingt wie bezahlte Werbung, aber ...

Evan Ball:
Ich habe dich dazu überredet...

Jesse Keeler:
... Ich liebe diese Saiten wirklich sehr, und ich will ehrlich sein. Ich habe die beschichteten Saiten für den Bass ausprobiert. Ich liebe die Gitarrensaiten, aber am Bass ist es für mich einfach die Beschaffenheit dieser Saiten, wenn ich sie auf Tour auswechsle ... Ich tausche sie nicht mehr selber aus. Mein Techniker wechselt sie jeden zweiten Tag. Nach Momenten, wo ich mit dem Instrument sehr zufrieden war, mache ich die Saiten manchmal ab und hebe sie auf.

Evan Ball:
Ach, wirklich?

Jesse Keeler:
Ja. Ich sehe also meine 74er Gibson Grabber, mit der ich die Pink-Platte aufgenommen habe, ein paar Meter von mir entfernt stehen, und sie hat noch die Saiten von ihrem letzten Auftritt 2005. Und als ich sie aus dem Koffer nahm, nachdem ich sie so lange nicht angefasst hatte, dass sie zu riechen begann, war sie immer noch gestimmt. Sie war immer noch gestimmt, nachdem sie fünf Jahre lang in meinem Keller gestanden hatte. Ich liebe sie.

Evan Ball:
Jesse, vielen Dank, dass du bei unserem Podcast mitgemacht hast. Ich kann es kaum erwarten, das Album zu hören.

Jesse Keeler:
Danke, dass du mir Fragen über Musik stellst. Denn im Vorfeld eines Albums führt man eine Menge Interviews über alles andere als Musik. Aber hier bin ich. Ich bin ein Nerd. Ich will über Frequenzen reden.

Evan Ball:
Danke, dass ihr bei Striking A Chord eingeschaltet habt, einem Podcast von Ernie Ball. Ich hoffe, ihr genießt das großartige Album „4 Us Lovers“. Vergesst nicht, Death From Above zu folgen, um über neue Videos, Liveshows usw. auf dem Laufenden zu bleiben. Wenn ihr Kontakt mit uns aufnehmen wollt, schreibt eine E-Mail an [email protected].

Jesse Keeler:
Ich dachte, ich würde das während des nächsten Interviews machen, aber ich habe eine Schachten Saiten neben mir.

Evan Ball:
Super. Was hast du da? Das ist eine der ... Ist das codiert? Oh, du hast die codierten. Schön. Gitarrensaite.

Jesse Keeler:
Ich mag sie sehr und habe sie auch auf meinen Akustikgitarren, weil das die einzigen Saiten sind, von denen ich viele habe. Das ist gut, denn wenn die Kids sie anschlagen, klingt das nicht so hell. Aber ich habe gelernt, ein offenes A zu spielen, denn so klingt es wenigstens schön, wenn die Gitarre offen gestimmt ist.

Evan Ball: